Rezension
Opanayiko – Buddhistische Grundstudien
Buchbesprechung Alfred Weil 4/2004
Wer nach den zentralen Aussagen der buddhistischen Lehren fragt, stößt früher oder später auf diesen Satz: „Alle Dinge sind ohne Selbst“ (Pali: sabbe dhamma anattā). Nichts irgendwie Wahrnehmbares oder Denkbares hat einen bleibenden Kern, nichts besitzt Substanz oder dauerhafte Identität. Stets begegnen wir bedingten, wandelbaren Erscheinungen und Prozessen.
In seiner Einleitung macht der große thailändische Dharmalehrer des 20. Jahrhunderts, Ajahn Buddhadāsa, genau das deutlich und bereitet die Leser auf das vor, was sie im Folgenden vor allem erwartet: eine intensive Begegnung und Auseinandersetzung mit der Anattā-Lehre des Buddha. Und zwar über die Worte des Buddha selbst, die in überarbeiteten Übersetzungen vorliegen. Hinzu kommen erläuternde Hinweise und Kommentare sowie ausführliche Erklärungen wichtigster Pali-Begriffe.
Die Herausgeber haben sechs zentrale Sutten aus den großen Sammlungen des Palikanon ausgewählt. Mit dem Potthapā da Sutta (D 9) wird zu Beginn das umfassende "spirituelle Trainingsprogramm" des Buddha (der sogenannte Tathāgatagang) vorgestellt, während die berühmte "erste" Lehrrede des Erwachten im Gazellenhain von Isipatana (S 56,11) den Leser mit den „Vier buddhistischen Grundwahrheiten“ und dem "Mittleren Weg" vertraut macht. Die weiteren Themen "Rechte Ansicht" (M 9), die "Fünf Daseinsfaktoren", "Bedingte Entstehung" (D 15) und "Leerheit" (M 122) lassen die angeschlagene Grundmelodie des "Nicht-Ich" in verschiedenen Tonarten und Rhythmen weiterklingen.
Hinzu kommt eine Vielzahl von ergänzenden Passagen und kürzeren Zitaten aus anderen Lehrreden, die das Buch zu einem inhaltsreichen und wertvollen Studienbuch machen. Für den Umgang mit ihm lautet mein Vorschlag. Hat man die letzte Seite gelesen, kann man getrost mit der # ersten Seite wieder beginnen.
Bei der Fülle des Stoffes und der Vielzahl der zitierten Quellen wäre ein Register hilfreich gewesen. Auch mag es den einen oder die andere (noch) Neugierige interessieren, wer sich der großen Mühe unterzogen hat, diese wichtige Veröffentlichung zu realisieren.
Das Buch ist indessen nicht nur wegen seines Inhalts bemerkenswert, sondern auch wegen der Art und Weise, wie seine Botschaft „verkauft“ wird. In Buchhandlungen jedenfalls wird man „Opanayiko“ vergebens suchen, es ist nur über die Herausgeber zu beziehen, und eine Ladenpreis hat es nicht. Wir erfahren lediglich die effektiven Herstellungskosten, und wer bestellt, muss sich klar darüber werden, was ihm die Lektüre tatsächlich wert ist: nur die angegebene Mindestsumme oder einen Betrag, der weitere künftige Projekte unterstützt. Wer nur über wenig finanzielle Mittel verfügt, muss auf das Buch jedoch nicht verzichten: Im Rahmen eines Dana-Projektes ist es auch kostenlos zu haben.
Alfred Weil